A Fool’s Game
Reise zurück in das Jahr 1986 mit dem Titelsong von Bob Marley
Kurz vor dem Ende der Pandemie, als manch ein Freelancer finanziell auf dem Trockenen saß, plante ein niedersächsischer Automobilkonzern eine nationale Roadshow nach dem Vorbild der A-Motion-Tour von Mercedes-Benz zur Vorpremiere der A-Klasse, also in Metropolen auf prominenten Plätzen. Der Verantwortliche im Einkauf, ein Spanier und Epigone von José Ignacio López, die Älteren unter Euch werden sich erinnern, war für seine knallharten Bandagen bekannt. Sogar Kollegen hielten ihn für sadistisch.
Miguel hatte sich ein mehrstufiges Verfahren für die Stellenausschreibung eines Technischen Leiters ausgedacht, der seine rechte Hand werden sollte.
Eine auf 15 Monate befristete Festanstellung. Die Geheimhaltungsvereinbarung erhielten 20 von einer KI ausgesuchten Fachleute. Diesem Knebelvertrag unterwarfen sich 18 Männer und Frauen, allesamt Meister/in für Veranstaltungstechnik.
Die zweite Phase bestand in der Erstellung eines fiktiven Leistungsverzeichnisses, abgeleitet aus der letzten Veranstaltung.
Dritte Phase: Miguel lud die seiner Ansicht nach 6 besten Verfasser zu einer persönlichen Präsentation ein. Nach der PowerPoint-Schlacht blieben drei Experten übrig. Michl, Sabine und Gernot sollten in einem Nebenraum bei Keksen und lauwarmen Getränken auf den letzten Akt warten. Die aussortierten Kollegen fuhren wütend und ohne Reisekosten-erstattung nach Hause. Miguel und ein Mitarbeiter aus der Fachabteilung gesellten sich zu den Wartenden und starteten Phase 4 –
ein Bieterverfahren. „Herrschaften,“ begann Miguel, „der Arbeitsvertrag ist mit 135.000 brutto budgetiert. Wir leben in einer Marktwirtschaft, das heißt harte Konkurrenz. Ich bitte nun um Ihre Gebote in den vorbereiteten Umschlägen.“
Auf den Gesichtern machte sich Ungläubigkeit breit. Michl gewann als Erster seine Fassung wieder. „Dieses unwürdige Spiel mache ich nicht mit!“ Stand auf und knallte die Tür zu. Sabine und Gernot schrieben eine Zahl auf ihren Zettel und steckten ihn in den Umschlag. „Vielen Dank, wir melden uns kurzfristig bei Ihnen.“ Als er den ersten Umschlag in die Hand nahm, durchströmte Miguel eine tiefe Befriedigung. Doch völlig konsterniert sah er, daß Sabine 150.000,- notiert hatte. Wütend riß er den Umschlag von Gernot auf, der sich zu seiner Genugtuung mit 120.000,- zufrieden gab. Mit dieser Einsparung konnte er bei seinem Chef auftrumpfen. Gernot erhielt den Arbeitsvertrag und mußte schwer schlucken, als er einige Zeit später das Graffito von Banksy in einer Zeitschrift entdeckte.
Keep on rockin‘
Foto: privat