Nervenstärke im Bewerbungsgespräch
Reise zurück in das Jahr 1990 mit dem Titel-Song von Snap!
Ich bin manchmal fassungslos, was mir Bewerber von Vorstellungsgesprächen berichten. Sicher geht es überwiegend wertschätzend zu, aber es gibt leider Ausnahmen.
Magdeburg, die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt: Felix ist in der Grünen Zitadelle verabredet – Friedensreich Hundertwassers Entwurf einer „Oase für Menschlichkeit und für die Natur in einem Meer von rationellen Häusern“. Felix ist von diesem Gebäude fasziniert und freut sich umso mehr auf sein Vorstellungsgespräch. Die Stellenausschreibung des inhaber-geführten Unternehmens für Sport- und Event Security klang vielversprechend. Gesucht wird ein Projektleiter für Sicherheitstechnik.
Zur verabredeten Zeit erscheint niemand, Felix wurde auch nicht mitgeteilt, mit wem er das Gespräch führen wird. Minute um Minute verrinnt, seine innere Anspannung wächst. Felix beschleichen die verrücktesten Zweifel. Bin ich am richtigen Ort zur richtigen Zeit? Dann, nach einer schier endlosen halben Stunde erscheint Burkhardt, der sich als der Geschäftsführer entpuppt.
„Sorry, der Verkehr, Sie verstehen? Warten Sie schon lange? Ich habe jetzt leider Ihre Unterlagen nicht eingesteckt. Sie sind….?“ „Felix, ich bewerbe mich um die Position des Projektleiters“ hilft der sichtlich ernüchterte Kandidat dem Geschäftsführer auf die Sprünge. Felix erlebt einen Augenblick der Desillusion und würde am liebsten abbrechen. Aber vielleicht würde das Treffen ja noch eine positive Wende nehmen.
Burkhardt schildert sein Unternehmen und die Perspektiven in den schillerndsten Farben, lobt das familiäre Miteinander und die gute Bezahlung. Felix schöpft ein wenig Hoffnung. Dann stellt Burkhardt seine Fragen. „Wir arbeiten ja viel im Freien, wie steht’s mit Ihrer Gesundheit? Alles fit?“ Während Felix noch überlegt, was er darauf antworten soll, ist sein Gesprächspartner schon weiter. Ohne eine Antwort abzuwarten schießt Burkhardt die nächste Frage ab: „Sind Sie in der Gewerkschaft?“ Felix schüttelt den Kopf. „Ein Punkt für Sie, kommen wir zu den harten Fakten, als Junior-Projektleiter fangen Sie mit 3.500 Euro im Monat an, das ist weit mehr als der Durchschnitt in unserer Branche.“
Felix ist völlig verdattert. „Ich hatte mich als Projektleiter beworben.“ „Na klar werden Sie das, aber erst nach der Probezeit. Dann erhöht sich auch das Gehalt, ist doch ein fairer Deal?!“
Felix erhebt sich „vielen Dank für das aufschlußreiche Gespräch, ich ziehe meine Bewerbung zurück!“
Das war stark, Felix! Keep on rockin‘
Abb: DALL E3