Job-Wechsel und andere Abenteuer – Episode 16

14. Mai 2024

Die Hölle hat täglich geöffnet

Reise zurück in die 80er Jahre mit dem Titel-Song von AC/DC  laßt Gitarren sprechen

„Der Himmel ist für diejenigen, die daran glauben. Die Hölle ist für alle da.“ Als Martin diesen Toilettenspruch in der Kultkneipe „Zum Silbersack“ auf St. Pauli las, verspürte er einen Brechreiz.

Rückblende: Martin hatte sich einige Monate zuvor voller Enthusiasmus bei der Hamburger Filiale eines amerikanischen Full-Service-Anbieters von Veranstaltungstechnik beworben. Man wurde sich per Handschlag einig und ein paar Tage später war sein erster Arbeitstag als Werkstattleiter bei seinem Traumarbeitgeber. Es fühlte sich himmlisch an.

Allerdings begegneten ihm die Werkstattmitarbeiter mit einer gewissen Reserviertheit. Der Einladung zum Einstand mit belegten Brötchen und alkoholfreien Getränken folgten längst nicht alle Kollegen. Auch bei anderen Gelegenheiten schienen sie ihn zu meiden. Wenn Martin sich in der Kantine an den Tisch zu anderen setzte, standen sie nach kurzer Zeit auf, unter dem Vorwand, daß sie zurück an die Arbeit müßten.

Martin wandte sich an den Personaldirektor und berichtete von seinen Erlebnissen. „Das kann ich Dir auch nicht erklären.“ Lautete die unbefriedigende Antwort. Bei den wöchentlichen Abteilungstreffen waren die Kollegen kurz angebunden. Dann stellte Martin mit Entsetzen fest, daß man ihn absichtlich falsch informiert hatte. Das führte zu einer Panne bei der Materialbereitstellung für ein Festival. Zwei Dutzend Clay Pakys waren noch gar nicht gewartet worden und fielen aus. Ersatz war nicht mehr aufzutreiben gewesen.

Der Niederlassungsleiter schäumte, Martins Erklärungen ignorierte er und drückte ihm eine Abmahnung in die Hand. Später am Tag schlich er völlig geknickt nach Hause. Er fühlte sich unfair behandelt, getäuscht und – er gestand sich das nur zögernd ein – gemobbt. Ein Wort, das ihn in Angst und Schrecken versetzte. Wen hatte er zum Feind? Wieso machten alle mit? Wie konnte er sich wehren? Die halbe Nacht grübelte er über diese Fragen.

Am nächsten Morgen erwachte Martin mit Beklemmungen in der Brust, die nur langsam verschwanden. Als er im Betrieb eintraf, erwartete ihn die nächste unliebsame Überraschung. Beide Funkgeräte-Techniker waren im Urlaub, obwohl das streng untersagt war. Martin prüfte die Urlaubsanträge und stellte fest, daß einer manipuliert war. Die nächste große Produktion stand vor der Tür und er mußte nun einen Motorola-Händler beauftragen. Der verlangte einen „Express-Zuschlag“.

Drei Tage später hatte Martin wieder eine Einladung vom Niederlassungsleiter. „Wieso beauftragen Sie eine externe Wartung, wenn wir Funkgeräte selbst reparieren können?“ Martin stotterte etwas von gefälschten Urlaubsanträgen. „Erzählen Sie nicht so einen Blödsinn, für die Kollegen lege ich meine Hand ins Feuer!“ Am Nachmittag lag die zweite Abmahnung auf seinem Schreibtisch. Als Martin sie las fuhr ihm eine Faust in die Magengrube.

Ein paar Wochen gingen ins Land ohne weitere Vorfälle. Die Angststörung aber wurde zum treuen Begleiter. Das letzte Gefühl vor dem Einschlafen, das erste beim Aufwachen. Martin ließ sich krankschreiben.

Als Martin von der Toilette des Silbersack zurückkehrte, entdeckte er Franky, einen farbigen Kollegen aus der Werkstatt. Er hatte sich Martin gegenüber immer freundlich gezeigt. Er setzte sich zu ihm und nach ein paar Bier faßte sich Martin ein Herz und fragte: „Franky, kannst Du mir erklären, was da gegen mich läuft?“ Franky zögerte „Du hast es nicht von mir, versprochen?“ „Ja, klar!“

„Georg hat sich Hoffnung auf die Werkstattleitung gemacht. Er fühlt sich betrogen, weil der Personalleiter ihm vor einiger Zeit eine Zusage gegeben hat. Überhaupt, die Werkstatt-Mitarbeiter sind gegen jemanden von außen. Der Niederlassungsleiter ist mit Georg befreundet.“

So einfach ist das manchmal und fertig ist das Komplott. Martin kündigte noch in der Probezeit, die Angststörung verschwand von jetzt auf gleich.

Keep on rockin‘

Abb. DALL E3